Bin ich altmodisch, wenn es mich nervös macht, dass Politiker heute nicht mehr ruhig an einem Pult stehen und mit ihrer Sprache und ihren Gesten wirken, sondern mit dem Mikrofon sinnlos durch die Gegend wandern – und das nicht nur physisch?

Warum sage ich das?

In seiner vielbeachteten Welser Rede hat sich Bundeskanzler Kern, zwar zurecht, für den Reformstau und die Fehlentwicklungen der letzten Jahre entschuldigt, die seine SPÖ als Regierungspartei zu einem Gutteil zu vertreten hat. Kryptisch sprach er auch von Fehlern in der Flüchtlingspolitik, wobei er es aber offen ließ, worin diese Fehler denn nun genau bestehen – das kann nun jeder, ob Linker oder Rechter, so verstehen, wie er will und das ist symptomatisch für diese Rede, die nirgends über gefällige Allgemeinplätze hinauskommt und da, wo es konkret wird, nicht einlösbaren Erwartungen Nahrung gibt.

Einige Beispiele dafür:

Wer im Zeitalter des digitalen Wandels und der zunehmenden Automatisierung den Anschein erweckt, Vollbeschäftigung erreichen zu können, obwohl er genau wissen müsste, dass durch die technische Entwicklung die menschliche Arbeitskraft in den kommenden Jahrzehnten immer weniger gebraucht wird und es in Wahrheit darum geht, diesen revolutionären technologischen und gesellschaftlichen Umbruch so zu gestalten, dass dabei soziale Verwerfungen vermieden werden, den kann man wirklich nur als Meister der Sprechblasen und leeren Worthülsen bezeichnen.

Kern spricht das EU-Thema an, bleibt aber eine Lösung schuldig, welche Reformen notwendig sind, um die EU zukunftsfähig zu machen und wie dieses Ziel erreicht werden soll. Er spricht über teures Wohnen und hohe Immobilienpreise – schlägt vor, dass die Maklergebühren der Vermieter tragen sollte. Dies ist zwar grundsätzlich richtig, führt aber deshalb noch lange nicht zu angemessenen Mieten und fairen Immobilienpreisen – und sich alleine darauf zu verlassen, dass es die Versicherungswirtschaft schon richten wird, ist mehr als optimistisch. Zwar benennt Kern in vielen Fällen Fehlentwicklungen – in einer wohltemperierteren Sprache als die Blauen, aber die Antworten enthält er uns dennoch vor.

Zutiefst undemokratisch ist letztlich auch der Vorschlag zur Wahlrechtsreform. Mehrheiten müssen in einer Demokratie von den Wählern bei der Stimmabgabe geschaffen werden und nicht durch Bonusmandate. Der grundsätzliche Denkfehler Kerns ist, dass derjenige, der relativ die meisten Stimmen hat, noch lange nicht die Mehrheit der Wähler hinter sich hat – und es ist falsch ihm diese Mehrheit künstlich und ohne Kompromisse machen zu müssen, an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei zu verschaffen.

Letztlich hat Kern mit seiner Rede bewiesen, dass er zwar ein guter Showmaster ist, aber keine wirkliche Vision für die Zukunft Österreichs hat.

Bild: CC BY-SA 2.0_SPÖ Presse und Kommunikation_wikicommons

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