Wer sich illegal auf den Weg nach Europa macht, der wird nicht nach Mitteleuropa durchkommen, erklärte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz auf dem CSU-Parteitag in München.[1]

Dazu muss man wissen, legale Möglichkeiten vor Krieg und Verfolgung nach Europa zu fliehen, gibt es praktisch nicht und die vielgerühmte Hilfe vor Ort, auf die sich die Politik immer dann hinausredet, wenn es darum geht, ihre eigene Untätigkeit moralisch nicht ganz so verkommen dastehen zu lassen, ist nicht mehr als eine Sprechblase ohne Konsequenzen, die auch Kurz bei passender Gelegenheit immer wieder gerne absondert.[2]

Eindeutig äußert sich Kurz auch darüber, was mit den Menschen geschehen soll, die den Weg auf den europäischen Kontinent tatsächlich geschafft haben. Sie sollen nach seiner Auffassung zurück gebracht werden[2] und einer ungewissen Zukunft, die in letzter Konsequenz gleichbedeutend ist, mit dem Verderben, überlassen werden.

Aber nicht nur das, auch die Versuche, Flüchtende moralisch ins Unrecht zu setzen oder Flucht als solche zu illegalisieren, mehren sich bei der ÖVP in zunehmendem Maße.[3]

Die von den Regierungen der europäischen Nationalstaaten betriebene Politik beschränkt sich im Wesentlichen auf den bloßen „Grenzschutz“ und das ist letztlich eine Politik des Todes:

Bei der Flucht über das Mittelmeer sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in diesem Jahr bereits 4.220 Menschen umgekommen und damit weit mehr als 2015. Bis Anfang November seien 725 Todesfälle mehr registriert worden als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, teilte die mit der UNO verbundene Organisation heute in Genf mit.[4]

Der Zynismus der in der Aussage von Kurz steckt, ist deshalb an Niederträchtigkeit nicht zu überbieten – und Kurz hat, wie all jene, die eine Politik des Stacheldrahts und der Ignoranz in Europa mittragen, Blut an den Händen.

Europa braucht keinen kalten Stacheldraht, sondern eine europäische Flüchtlingspolitik, die sicherstellt, dass alle EU-Staaten ihren angemessenen Beitrag bei der Aufnahme von Asylbewerbern leisten und sich nicht manche einfach drücken.

Dazu gehört auch, dass die Ankommenden nicht in manchen EU-Staaten wie in Ungarn oder Italien derartig unwürdige Bedingungen vorfinden, die sie dazu zwingen, auf eigene Faust und unter inhumanen Bedingungen in andere EU-Staaten weiter zu reisen. Diese EU-internen Fluchtbewegungen wären durch eine aktive Flüchtlingspolitk und einen solidarischen europäischen Geist zu verhindern.

Genau an dieser Stelle hat die Politik egoistischer nationaler europäischer Regierungen – nicht aber Europa als solches – versagt. Anstatt die Wiedereinführung der Grenzkontrollen innerhalb der EU zu betreiben und Europa nach außen hin zur Festung und nach innen zum Knast auszubauen, wäre es viel nachhaltiger, eine gemeinsame europäische Außenpolitik zu gestalten, deren Priorität es ist, den Menschen im geopolitischen Umfeld Europas, eine Perspektive für ein friedliches Leben in ihrer Heimat zu ermöglichen.

Die europäische Politik muss auch endlich anerkennen, dass Dublin gescheitert ist. Es kann nicht sein, dass es eine Rolle spielt, wo die Ankommenden Europa betreten und sich die Flüchtenden in den Mittelmeerstaaten stauen, während die geografisch begünstigten Länder sich in ihrer Fremdenfeindlichkeit baden oder Zäune ziehen. Es gibt keine Flüchtlingskrise, sondern eine Verteilungskrise, die darin gründet, dass die Ankommenden nicht von Anfang an vernünftig verteilt und betreut werden.

Flüchtlinge sind keine Bedrohung und gefährlich nur jene, die sie zum Sündenbock für die sozialen Verwerfungen der Auszehrungspolitik in den Staaten Europas machen. Die Art, wie wir mit Fremden umgehen, sagt eine Menge über uns selbst und den Grad an Zivilisation unserer Gesellschaft aus.

Es ist kein Zufall, dass Kurz von Orbán-Freund Horst Seehofer an Stelle von Angela Merkel auf den CSU-Parteitag eingeladen wurde – sind doch sowohl die CSU, wie auch die ÖVP damit konfrontiert von Rechtsparteien an die Wand gedrückt zu werden und suchen beide doch ihr Heil darin, die Rechtspopulisten durch noch mehr Rechtspopulismus zu übertrumpfen.

Polternd und national-konservativ war die CSU schon immer, aber daneben gab es immer auch starke Kräfte, die ein allzu sorgloses abdriften in den Rechtspopulismus begrenzten. Ohne starke christlich-soziale, intellektuell-humanistische und konservativ-liberale Anteile, hätte man nie den Bogen von der demokratischen Rechten bis hinein in die linke Mitte spannen und an der 60%-Marke kratzen können. Besonnene Stimmen sind in letzter Zeit weniger geworden – und hören tut man in der Ära Seehofer schon lange nicht mehr auf sie.

In einem Interview mit dem Münchner Merkur meldete sich Hans Zehetmair, ein ehemals hochrangiger CSU-Politiker aus der Pension zurück – sicherlich ein streitbarer katholischer und konservativer Mann – aber auch ihm geht die Hysterie und die Fremdenfeindlichkeit mit der die Politik heute Flüchtlingen begegnet zu weit:

An die Unionsschwestern appelliert er, „wieder in eine konstruktive Phase zu gelangen“. Das sei das effektivste Instrument gegen die AfD. Dazu gehöre eine verbale Abrüstung. Ihn besorgt der Ton, in dem zunehmend über Flüchtlinge gesprochen werde. „Bei allen Problemen: Wir reden von Menschen, Mitmenschen.“

Erfolgversprechend scheint der Weg in den Rechtspopulismus zwar nicht, wenn man den Wahlumfragen glaubt, die die CSU bereits jenseits der absoluten Mehrheit sehen, aber sowohl Seehofer, wie auch Kurz scheinen an diesen inhumanen Weg zu glauben.

Quellen:

[1] http://derstandard.at/2000046990387/Kurz-warnt-bei-CSU-Parteitag-vor-Islamismus

[2] https://www.oevp.at/team/kurz/Kurz-EU-Aussengrenzen-sichern-und-in-Hilfe-vor-Ort-investieren.psp

[3] http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/5070452/OVP_Illegale-Einreise-als-Straftat

[4] http://orf.at//stories/2365094/
[5] http://www.merkur.de/lokales/erding/erding-ort28651/hans-zehetmair-herr-rechtschreibung-gibt-sein-letztes-grosses-6871414.html

[6] http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/bayern.htm

Bild: Haraldbischoff@wikicommons

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