panta rhei, darum Paradigmenwechsel jetzt!
panta rhei – alles fließt, ist im Fluss, verändert sich. Dies gilt hier und heute besonders in Bezug auf die Randbedingungen, die unser aller Leben beeinflussen. Es gibt dabei Veränderungen, die wir nicht oder kaum beeinflussen können, und solche, auf die wir gestaltend Einfluss nehmen könnten, wenn wir es nur täten.
Ich meine hier Veränderungen, die als Folge wissenschaftlichen Fortschrittes, technologischer Möglichkeiten und daraus resultierender wirtschaftlicher Entwicklungen ausgelöst werden. Diese Veränderungen verursachen Umbrüche und Verwerfungen in der Gesellschaft, die mit dem Übergang von nomadisierenden Jäger- und Sammlerkulturen zu sesshaften Ackerbauern, die sich in Stadtstaaten organisierten, begonnen haben. Diese Umwälzungen setzen sich durch alle Stufen der industriellen Revolution bis heute fort. Willkommen bei Industrie 4.0 😃
Die Dimensionen der Veränderungen unserer Lebensgrundlagen haben bisher beispiellose Größenordnungen angenommen. Dies betrifft sowohl das Tempo als auch die Anzahl der betroffenen Menschen. Dauerten frühere Umwälzungen noch Jahrhunderte oder benötigten mehrere Generationen, so sind wir heute bei Bruchteilen von Jahrzehnten angekommen mit denen sich neue Technologien durchsetzen und nahezu zeitgleich im Globalen Dorf für Milliarden Menschen verfügbar sind und auch genutzt werden. Betroffen sind Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Religionen, mit unterschiedlicher Bildung, in unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Milieus. Menschen mit individuellen Schicksalen, Wünschen und Perspektiven.
Uber, AirBnB und Google-Auto. Einige wenige Beispiele für Umbrüche, oder wie wir zukünftig statt Taxifahren, Nutzung klassischer Hotellerie oder gewohnten Individualverkehrs unveränderte Bedürfnisse mit neuen Technologien erfüllen. Selbstverständlich wird dies für die bisherigen Leistungserbringer nicht folgenlos bleiben. Durch die komplex vernetzten Zusammenhänge und Abhängigkeiten der Wirtschaft in den verschiedensten Lebensbereichen wird nichts und niemand von den durch Industrie 4.0 ausgelösten Veränderungen verschont bleiben.
Panta rhei, wir können Industrie 4.0 nicht aufhalten. Aber wir können gestaltend eingreifen, damit von Industrie 4.0 nicht nur einige wenige, sondern alle profitieren. Hier ist der Mensch als politisches Wesen gefordert, jeder einzelne aufgefordert sich nach seinen Möglichkeiten einzubringen: Als Aktivist, als Wähler. Wir haben mit der repräsentativen parlamentarischen Demokratie ein brauchbares und ausbaufähiges Instrumentarium um gestaltend einzugreifen und Industrie 4.0 zum Vorteil für alle Menschen zu nutzen. Wir müssen es nur wollen. Damit das funktionieren kann braucht es jedoch in vielen Bereichen Paradigmenwechsel in der Politik.
Wir brauchen diese Paradigmenwechsel jetzt, je rascher desto besser. Warum? Weil die wirtschaftspolitischen ebenso wie die gesellschaftspolitischen Ansätze wie Ziele (zB Gemeinwohl) erreicht werden können, einfach nicht mehr zu Industrie 4.0 kompatibel sind. Es geht nicht um Gleichschaltung persönlicher Werte, jeder soll sein Leben individuell gestalten und sein Recht auf Glück, Verfolgung und Erfüllung seines Lebensentwurfes wahrnehmen können (Religion sei Privatsache, Bürgerrechte durch Verfassung garantiert). Es geht um den Weg, wie das Ziel, viele individuelle Werte zu ermöglichen, erreicht werden kann.
Es geht also um das Schaffen von Rahmenbedingungen in einer Welt von Industrie 4.0, in welcher der größtmöglichen Anzahl an Individuen – sprich allen Menschen – ein selbstbestimmtes Leben zu führen möglich sein soll. Die Mandatare der derzeit im Parlament vertretenen Parteien scheinen mir ziemlich resistent gegen Paradigmenwechsel zu sein. Also werden sie weiterhin mit Rezepten aus der Vergangenheit versuchen die Zukunft zu gestalten, was prinzipiell nicht gut funktionieren kann, weil das mit Industrie 4.0 inkompatibel ist. Falsches wird halt nicht richtiger, wenn man es nur konsequenter und effektiver falsch macht. Beispiele gefällig?
Thema Arbeitsplätze: Wer immer nur vom Kampf um Arbeitsplätze, vom Erhalt von Arbeitsplätzen und Schaffen neuer Arbeitsplätze faselt um die finanzielle Existenzsicherung aller Menschen zu gewährleisten und wiederherzustellen, hat Industrie 4.0 und ihre Folgen nicht verstanden. Wer nur Arbeitsplätze im Blick hat, wird Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Massenarbeitslosigkeit ernten. Die Anhänger austeritärer Politik und von „Wirtschaft über Alles“ sind auch noch faktenresistent, weil sie die Erfolglosigkeit ihres vergeblichen Bemühens über Jahrzehnte hinweg schlichtweg ignorieren, statt dessen noch rascher in die falsche Richtung laufen wollen.
Thema Bildung: Die Politiker aller Parteien (Regierung und Opposition) sprechen über die Bedeutung von Bildung als zukunftssicherndes Projekt. Gemeint ist dabei jedoch meistens die wirtschaftskompatible Ausbildung (höchstens bis zu Industrie 3.0 – denn 4.0 ist noch unverstanden), die vor allem die Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen soll und damit von wahrer Bildung weit entfernt ist. Parteien und Politiker haben nicht verstanden, dass das Versprechen aus der Vergangenheit „Wenn du brav lernst und einen adäquaten Abschluss schaffst, dann findest du sicher Arbeit. Und je höher du qualifiziert bist, desto höher wird dein Stundenlohn sein“ nicht mehr einlösbar ist und zunehmend weniger einlösbar sein wird. In einer entsolidarisierten Gesellschaft wird es immer leichter die Nichteinlösung auf persönliches Versagen zu schieben: Du bist einfach zu faul, zu dumm, zu alt, oder hast das Falsche gelernt.
panta rhei – alles verändert sich durch Industrie 4.0 und daher brauchen wir jetzt in der Politik einen Paradigmenwechsel:
Reden wir über Einkommen, statt nur über Arbeitsplätze und sehen wir Bildung wieder als Kulturgut statt sie auf Ertüchtigung für Arbeitsplätze zu reduzieren, von denen es ohnehin immer weniger geben wird.
Nachsatz: Dieser Paradigmenwechsel wird uns leichter fallen, wenn wir die ethischen und moralischen Kategorien zu Arbeit – die zu vorindustriellen Zeiten geprägt wurden, als Gesellschaften noch auf jede arbeitsfähige Hand angewiesen waren – kritisch hinterfragen und endlich einmal an moderne Gegebenheiten anpassen.
https://basis.piratenpartei.at/blog/2017/05/01/panta-rhei-darum-paradigmenwechsel-jetzt-2/https://basis.piratenpartei.at/wp-content/uploads/2017/05/Gerald-aka-WinstonSmith-1024x883.jpghttps://basis.piratenpartei.at/wp-content/uploads/2017/05/Gerald-aka-WinstonSmith-150x150.jpgBeiträge von Piratenpanta rhei - alles fließt, ist im Fluss, verändert sich. Dies gilt hier und heute besonders in Bezug auf die Randbedingungen, die unser aller Leben beeinflussen. Es gibt dabei Veränderungen, die wir nicht oder kaum beeinflussen können, und solche, auf die wir gestaltend Einfluss nehmen könnten, wenn wir es nur...WinstonSmithGerald Kainzgerald.kainz@piratenpartei.atEditorppAT Basisblog5 Comments Already
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Da gebe ich dir in allen Punkten recht!
Zur Industrie 4.0 habe ich eine etwas erweiterte Sicht. Meiner Meinung nach ist das nichts Neues, es ist in vielen Bereichen schon seit langem so, dass mit IT-Unterstützung automatisiert, optimiert und verknüpft wurde. Es gab nur keinen gemeinsamen Oberbegriff. Jetzt geistert Industrie 4.0 durch alle Medien und große Unternehmen heften, teilweise etwas panisch, das Thema auf ihre Fahnen, ohne genau zu wissen, worum es geht.
Natürlich gehen dabei immer Arbeitsplätze verloren und neue werden geschaffen. Es wird halt immer brutaler, und viele Menschen können damit nicht mehr Schritt halten.
Woran liegt das? Ich glaube, vor allem an schlechter/falscher (Aus)Bildung, am Effizienz-Wahn und an der Spezialisierung.
Fortwährende Steigerung der Effizienz nimmt die Spielräume bezgl. Zeit und Gedanken. Das Bestehende wird gefestigt und Kosten werden verringert, aber es kann aus der Arbeit heraus nichts Neues mehr entstehen, was den Firmen Gewinn und den Mitarbeitern Arbeit bringen könnte. Die meisten Neuheiten, die uns heute begeistern, sind Weiterentwicklungen oder Verbesserungen von bestehendem. Industrie 4.0 wird die Wahrscheinlichkeit von Geistesblitzen weiter verringern. Die Firmen schaden sich langfristig gesehen selbst und sollten im eigenem Interesse an Lösungen interessiert sein, die Arbeitgebern und Arbeitnehmern nutzt. Man muss also nichteinmal mit sozialem Denken argumentieren, es reicht, wenn man ein wenig übers Quartal oder Jahr hinausdenkt.
Diese Thematik schreit natürlich nach dem BGE -> Hallo Piraten, aufwachen, Action ist gefragt!
Die Unternehmen denken immer mehr in Prozessen, Regeln und Normen. Der Mitarbeier soll genau das können, was im Moment gebraucht wird. Das ist prinzipiell nachvollziehbar, hat aber einen Haken. Der Spzialist von heute ist der Arbeitslose von Morgen. Industrie 4.0. wird daher leider wirklich viel Arbeitslosigkeit produzieren.
Ich glaube daher, im Interesser aller müssten man Universalisten (bezogen auf einen größeren Themenbereich) mit spezifischen Fachkenntnissen fördern. Das führt zum Punkt Bildung.
Wie unsere Ausbildungsstätten funktionieren, wie sie organisatiorisch aufgezogen sind und wie sie strukturiert sind, halte ich für relativ unwichtig. Sogar die Inhalte halte ich für zweitrangig. Es müssen aber einige Ziele / Fertigkeiten erreicht werden, um die jungen Leute aufs Berufsleben vorzubereiten:
– Die Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen müssen einwandfrei beherrscht werden.
– Man muss lernen, selbstständig zu denken.
– Man muss lernen, den Hausverstand zu gebrauchen.
– Muster, Prinzipein und Kategorien müssen erkannt werden können (um Erkenntnisse auch auf andere Bereiche übertragen zu können).
– Mann muss lernen, wie und wo man sich Informationen beschaffen kann.
– Auch Lernen muss gelehrt werden.
– Eine mittelmäßige Allgemeinbildung ist unbedingt notwendig.
Wenn meine Überlegungen stimmen, sind die Schulabgänger dann kritisch, selbstständig und flexibel. Das wäre der Konnex zu Industrie 4.0.
Zusammenfassend gesagt, ist der Knackpunkt das Schulwesen, welches aber nur langfristik wirkt, während man kurzfristig die Auswirkungen der Industrie 4.0 z. B. mit einem BGE entschärfen müsste.
meine Sicht von Industrie 4.0 ist natürlich viel differenzierter als es in einem kurzen Blog darstellbar ist.
Selbstverständlich ist ein Hufschmied, der die Luxus- und Freizeitpferdchen seiner mehr oder weniger betuchten Klientel mit Eisenpatscherln ausstattet, ganz anders von Industrie 4.0 betroffen, als etwa ein Hoch- u. Tiefbau Straßenarbeiter oder Industriearbeiter. Auch wenn er weiterhin Handwerkstradition pflegt, so wird er vielleicht die Roh-Hufeisen nimmer selber schmieden sondern sie sich von Amazon punktgenau liefern lassen. Demnächst sogar per Drohne 😉
Aber Faktum ist, zumindest vom Trend her wird sich das in Zukunft nimmer ausgehen, dass sich Vollbeschäftigung auf Basis 40 Stundenwoche für diejenigen ausgehen wird, die nicht aus – sage ich einmal – Kapitalerträgen das für ihr Leben erforderliche Einkommen lukrieren können.
Da werden, fürchte ich, auch perfekt funktionierende Bildungs- und Ausbildungsstätten nichts daran ändern, dass
1) im Produktionsprozess (Waren/Güter, Dienstleistungen) weniger Menschen gebraucht werden, und
2) nicht alle den steigenden Anforderungen gerecht werden können.
Ich finde ja Profitmaximierung per se als nix Unanständiges oder Verwerfliches. Es kommt nur darauf an, wie der Profit verteilt wird und wie er genutzt wird.
Wollen wir das weiterhin toll und als Sinn des Lebens finden, wenn sich immer weniger, immer mehr Profit einsacken und obszöne Reichtümer anhäufen? Kann man nicht nur für natürliche sondern auch für juristische Personen in Frage stellen.
Ich denke, mit einer vernünftigen Auslegung des Spruches „Nicht der Mensch ist für die Wirtschaft da, sondern die Wirtschaft für die Menschen“ können wir alle in Zukunft viel besser leben.
40 STUNDEN BESCHÄFTIGUNG
Könnte man in Zukunft als Form des BGE sehen.
Auch stark verringerte Arbeitszeit mit vollem Lohn könnte eine Spielart des BGE sein.
Beides entspricht natürlich nicht der reinen Lehre – Stichwort bedingungslos.
PROFITMAXIMIERUNG
„Ich finde ja Profitmaximierung per se als nix Unanständiges oder Verwerfliches. Es kommt nur darauf an, wie der Profit verteilt wird und wie er genutzt wird.“
Darüber habe ich lange nachgedacht. Es fällt mir schwer, positive Aspekte der Profitmaximierung zu finden. Wenn es eine breitere Verteilung des Profits gibt, ist es ja aus Unternehmenssicht keine Profitmaximierung mehr.
– Viele arbeiten zu geringerem Lohn, einzelne profitieren -> unanständig
– Durch Automatisierung arbeiten weniger, einzelne profitieren -> unanständig
– Viele arbeiten mehr, einzelne profitieren -> unanständig
– Preise werden bei gleichen oder geringern Kosten erhoht -> unanständig
– erhöhter Profit kommt den Arbeitnehmern zu Gute -> ist keine Profitmaximierung
– erhöhter Profit kommt der Allgemeinheit zu Gute – ist keine Profitmaximierung
– erhöhter Profit kommt in die Rücklagen -> ok
– erhöhter Profit finanziert Wachstum -> gut, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden (wobei Wachstum per se hinterfragenswert ist)
BILDUNG
Die von mir skizzierten Überlegungen sollen den Schulabgängern ermöglichen, mit zukünftigen Herausforderungen (z.B. Industrie 4.0, 5.0, …) besser umgehen zu können. Dabei sind lebenslanges Lernen und Flexibilität die Hauptthemen.
nach meiner Definition bedeutet Profitmaximierung:
mit geringstem Aufwand größtmögliche gewünschte Wirkung zu erzielen
daher ist, wo möglich und sinnvoll (erfülltes Leben, Motivation) Hand durch Maschinenarbeit zu ersetzen.
mein Leitmotiv:
alles was du öfter als 1x machst, ist automatisierber, durch Maschine zu erledigen. Außer: es macht Spaß (zb Essen, Trinken, Sport, Lesen, Sex, ….)
Nach meiner Definition bedeutet Profitmaximierung, den Reingewinn eines Unternehmens immer weiter zu steigern.
Aber egal – beim Spass bin ich jedenfalls dabei! 🙂