Echte Piraten, echt jetzt?
Die Frage kommt mir so vor, wie „Was sind echte Männer, echte Patrioten, echte WasWeißIchWas?“ Und diejenigen, die solche Fragen stellen, haben meist gleich die aus ihrer Sicht passende Antwort darauf parat. Klar, denn sonst hätten sie diese rhetorische Frage ja auch nie gestellt. Es geht ihnen immer darum, in ihrem Sinne zu definieren, wie und was dieses Echt vom Nichtecht unterscheidet.
Warum schreibe ich hier über dieses Echt-Dingsda? Na, ganz einfach, weil ich heute über eine Einladung an Piraten, nicht ausschließlich, aber doch auch, gestolpert bin, sich doch bei ECHTROT zu beteiligen, um mit und unter ECHTROT bei den, vermutlich ziemlich bald kommenden Nationalratswahlen als wahlwerbende Gruppierung anzutreten. Wenn Pirat also will, kann er, im Sinne dieser Einladung, damit die Initiative ergreifen um einen Prozess in Gang zu setzen, an dessen vorläufigem Ende sich eine breit aufgestellte, erfolgsversprechende echte linke Wahlmöglichkeit bei der NRW 2017/18 am Wahlzettel anbietet.
Danke für die Einladung zur Mitwirkung, das war ein netter Versuch. Aber echt jetzt – im Ernst. Was soll das? Ich soll eine echte linke Wahlmöglichkeit unterstützen, wo ich mich doch eigentlich für den Wertekosmos der Piratenpartei entschieden habe? Wenn ich grün so toll gefunden hätte, wäre ich ein Grüner. Wenn ich rot oder tiefrot so toll gefunden hätte, wäre ich bei SPÖ, KPÖ, Dingsda-Andas oder sonst wo Mitglied. Dann würde ich für deren Sache kämpfen und mich einsetzen, so wie ich es heute für die Piraten mache. Warum bin ich also Pirat geworden? Weil ich damals glaubte und heute immer noch davon überzeugt bin, dass die Antworten auf Fragen der Zukunft aus dem Wertekosmos der Piratenpartei kommen.
Ich finde, als gefühlter Pirat und auch als Piratenpartei müssen wir uns festlegen. Auch einmal Kante zeigen und Position beziehen. Sind wir neue Linke und wollen wir als mehr oder weniger integraler Bestandteil einer neuen Linken auf eigene Werte verzichten? Oder wollen wir unsere Werte als eigenständige Piratenpartei in den parlamentarischen Prozess einbringen? Ich meine, dass die Piratenpartei sich nicht von der Linken, egal ob alt, neu oder sonst wie, vereinnahmen lassen sollte und daher vernünftigerweise Abstand halten sollte.
Bei ECHTROT sind einige dabei, die zwar ursprünglich bei den Piraten angeheuert haben, nun aber bei Wien-Andas ziemlich aktiv sind. Heißt das nun, dass die Piraten echte Linke sind? Oder haben sie sich ursprünglich in der Piratenpartei geirrt und nun ihre eigentliche Liebe und Bestimmung, ihre echte politische Heimat gefunden? Was ist schon echt? Ab wann ist es noch echt und ab wann schon anders?
In diesem Sinne, ein piratisches arrh
https://basis.piratenpartei.at/blog/2017/05/03/echte-piraten-echt-jetzt/https://basis.piratenpartei.at/wp-content/uploads/2016/05/P1100757b-1024x576.jpghttps://basis.piratenpartei.at/wp-content/uploads/2016/05/P1100757b-150x150.jpgBeiträge von PiratenDie Frage kommt mir so vor, wie 'Was sind echte Männer, echte Patrioten, echte WasWeißIchWas?' Und diejenigen, die solche Fragen stellen, haben meist gleich die aus ihrer Sicht passende Antwort darauf parat. Klar, denn sonst hätten sie diese rhetorische Frage ja auch nie gestellt. Es geht ihnen immer darum, in ihrem...WinstonSmithGerald Kainzgerald.kainz@piratenpartei.atEditorppAT Basisblog1 Comment Already
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Die Gründung einer neuen Linkspartei zur Nationalratswahl liegt ja schon seit geraumer Zeit in der Luft.
Noch nie war im Parteiengefüge, von der Mitte bis an den linken Rand, so viel Platz für eine echte politische Alternative. Dazu kommt, dass die Werte des Humanismus und einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung in der Zweiten Republik noch nie so unter Beschuss standen, wie heute. Die logische Konsequenz ist es natürlich, dieser Bedrohung ein mächtiges Gegengewicht entgegenzusetzen. Nur, wie soll diese Alternative aussehen?
Gegen diese Idee von der vereinigten Linken spricht, dass die Linke keineswegs eine homogene gesellschaftliche Gruppe darstellt. Da gibt es Dogmatiker und Nichtdogmatiker, Pro- und Antieuropäer, Globalisierungsgegner, Marxisten, Pragmatiker, Feministen, Grüne, Kommunisten, Sozialisten, Anarchisten u.v.m. – alle diese teils gegenläufigen Interessen zusammenzufügen ist definitiv nicht möglich. Es mag schon sein, dass sich aus der KPÖ und einigen anderen Bestandteilen etwas ähnliches formen lässt, wie die Linkspartei in Deutschland – also eine Mischung aus Traditionspflege, altbackener Kampfrhetorik und tatsächlichem Einsatz für eine gerechtere Politik im ökonomischen Sinn. Ich kann mir auch vorstellen, dass sich einige Sozialdemokraten einreihen, die die Nase vom populistischen Rechtskurs der Sozialdemokraten voll haben – mit den Jungen Grünen würde ich eher weniger rechnen, weil die sehr schnell wieder in den Schoß der Mutterpartei zurückkehren und die Vorteile daraus nutzen werden, wenn die Glawischnig bald Geschichte ist, wonach es im Moment aussieht.
Aber selbst diese Option der „kleinlinken“ Vereinigung halte ich nur für möglich, wenn glaubwürdig etwas Neues entsteht. Das Problem, warum bei EA der Funke nicht gezündet hat, war ja, dass die KPÖ die KPÖ geblieben ist, mit all den Ressentiments, die ihr von jeher aus der Zeit des kalten Kriegs und des Stalinismus entgegen schlagen; dass die Piraten, die Piraten geblieben sind, mit ihrem chaotischen Image. Am Ende haben sich die Ressentiments gegen die Gruppierungen addiert und nur wenige waren zufrieden mit der Gesamtperformance. Letztlich bin ich der Auffassung, dass nur „links“ keine zielführende Option für das ist, was sich die Piraten vorgenommen haben.
Ich denke zwar, dass wir bei den Themen Gerechtigkeit, Menschenrechte oder Klimawandel noch am Ehesten zu einem Konsens kommen könnten, aber bei anderen Themen unterscheiden wir uns von manchen anderen Gruppierungen grundlegend – wie z.B individuelle Freiheit; Zukunftsthemen (wie digitaler Wandel, Automatisierung, Globalisierung); dem europäischen Einigungsprozess oder bei unserer undogmatischen Herangehensweise an politische und gesellschaftliche Fragen – denn letztlich entscheiden wir uns ja für das, was besser ist, nicht, weil es links ist; bei unserer fehlenden Bereitschaft linke Traditonspflege zu betreiben oder in Kampfrhetorik zu verfallen.
Genau um das, was ich als Zukunftsthemen beschreibe, wird es aber in den kommenden Jahrzehnten in einer Welt gehen, in der die Ressourcen knapper und die Verteilungskämpfe härter werden. Um diesen Prozess, einer sich verändernden Welt sozialverträglich zu gestalten, braucht es die Piraten oder, wenn sie sich nicht mehr aufrappeln sollten – wogegen ich kämpfe – eine Kraft die genau die selben Themen aufarbeitet – und nicht irgend eine diffuse Linke.
Ich weiß sehr wohl, dass viele vor der Nationalratswahl über eine neue Linkspartei nachdenken – auch einige ehemalige oder aktuelle Mitglieder der Piratenpartei. Ich fürchte schon, dass wir da noch Mitglieder verlieren werden. Das tut natürlich weh, da mir sehr an einem starken linken, wie auch einem bürgerrechtsliberalen Flügel gelegen ist, die den Menschen von der Gesellschaft bis zur Wand der Dogmatiker, offen stehen sollte. Mein Ziel ist es, vor allem diese beiden Richtungen in die Piratenpartei zu ziehen und nicht als Piratenpartei in etwas aufzugehen, das nur partiell mit dem zu tun hat, wofür wir stehen.
Eigentlich hätte ich auch damit gerechnet, dass sich die Linke vor der Nationalratswahl koordinierter und breiter formiert – KPÖ, Aufbruch, vielleicht Teile der Jungen Grünen, enttäuschte SPÖ-Wähler, Gewerkschafter und vielleicht ein paar Persönlichkeiten aus der Öffentlichkeit. Wie es nun scheint, kommt „Echt Rot“ aber nur als zahnloser Abklatsch von „Wien anders“ daher.
Ich weiß ja nicht, welche Strategie gefahren wird – sollen da noch andere Gruppierungen nach und nach einsteigen oder wird das vielleicht sogar ein Antritt in Konkurrenz zur KPÖ. Wenn das der Fall sein sollte, wird es der komplette Rohrkrepierer, denn wer sollte „Echt Rot“ dann überhaupt wählen. Wer mit Hammer und Sichel frühstückt, wird seiner KPÖ sicher treu bleiben. Und wenn eine Erweiterung um weitere Teilnehmer geplant sein sollte, warum hat man das Ganze nicht mit einem Knalleffekt gestartet, sondern als verschämter kleiner Haufen.
Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, für wen eine so ungeschickte Performance attraktiv sein sollte. Sollte der erwartete Aderlass für die Piraten nun doch geringer ausfallen, als erwartet, weil die neue Linke keinen Plan hat?
Wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln – wer noch zu „Echt Rot“ dazu stößt – oder ob es links noch ganz andere Parteigründungen von ganz anderen Leuten geben wird. So, wie sich „Echt Rot“ im Moment jedenfalls präsentiert, wird das nichts.