Versuch einer Standortbestimmung im politischen Spektrum

Die Piratenpartei ist eine sozial-liberale Partei, welche technisch wissenschaftlichen Fortschritt bejaht und sich daraus ergebende wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten als Chance sieht, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und darum optimistisch in die Zukunft blickt. Damit die damit einhergehenden Veränderungen gesellschaftspolitisch beherrschbar werden und auch bleiben, setzen die Piraten auf freien Zugang zu Bildung ebenso, wie auf wirtschaftliche Absicherung, die allen Menschen ein Leben ohne Existenzängste ermöglichen soll. Für uns Piraten stehen der Mensch als Individuum und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt unserer Politik.

Die Piratenpartei steht in der Tradition der europäischen Aufklärung und des Humanismus und strebt auf dieser Grundlage eine Weiterentwicklung der Demokratie und ihrer Spielregeln an, die den wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts entsprechen.

Es war daher kein Zufall, dass 2006 die Piratenpartei im Wesentlichen aus zwei Anlässen heraus entstanden ist:

Erstens aus einem Interessenkonflikt heraus zwischen Konsumenten und kreativen Nutzern von digital verbreitbarem Content (in Bild, Ton und Schrift) und deren Rechteinhabern, die feststellen mussten, dass die klassischen Instrumente des Vertriebs und der Vermarktung zur Gewinnschöpfung durch die technischen Möglichkeiten des Internets in einem Umfang außer Wirkung gesetzt werden konnten, dass das auf die Zerstörung ihres Geschäftsmodells hinauslief. Verschärfend in diesem Konflikt kam hinzu, dass die Rechteinhaber ihre Interessen mit Hilfe einer veralteten Gesetzeslage, die noch nicht die technischen Veränderungen widerspiegelte, durchzusetzen versuchten und daher mit den ergangenen Urteilen bei den Digital Natives auf Unverständnis und Ablehnung stießen.

Der zweite Punkt, der als Geburtshelfer zum Entstehen der Piratenbewegung gesehen werden muss, war die Erkenntnis der Missbrauchsmöglichkeiten der modernen Kommunikationstechnologien zur Überwachung des Datentransfers im Internet und die damit einhergehenden Verletzungen der Privatsphäre. Schnell war klar, dass diese Bedrohung nicht nur zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen (siehe Punkt eins oben) verwendet werden konnte und auch verwendet wird, sondern dass auch der Staat und hier insbesonders die Geheimdienste, die ohnehin schon immer eine Tendenz zur Verselbstständigung (Staat im Staate) und der Verweigerung demokratischer Kontrollmechanismen in sich tragen, von diesen neuen Techniken zur Ausspähung seiner Bürger und seiner vermeintlichen Feinde ausgiebig Gebrauch machen werden.

Die somit neu gegründeten Piratenbewegungen und alsbald auch politischen Parteien, haben die Bedürfnisse der Computer Nerds und Digital Natives nach Freiheit des Individuums auch auf andere Bereiche von Betroffenheit ausgedehnt: Schutz der Privatsphäre, Urheberrecht, Netzpolitik, Legalisierung von THC, Recht auf eigene Lebensentwürfe und somit Bürgerrechte ganz allgemein. In dieser Frühzeit der Piratenpartei wurde so in der Öffentlichkeit das Bild der „technikaffinen Internet-Partei“ geprägt. Weil nun viele der überwiegend jungen Piraten auch in wirtschaftlich prekären Verhältnissen lebten, wurden bald auch die existenzielle Sicherheit, die wirtschaftliche Lage und ihre Lebensperspektiven diskutiert und als mögliche Lösung das BGE (Bedingungslose Grundeinkommen) thematisiert.

Die von den Gründern der technikaffinen Internetpartei wieder ins Spiel gebrachten Ideale und Wertvorstellungen, waren von so allgemeiner, tiefgreifender Natur, dass sie über den Bezug und den Anlass ihrer Wiederentdeckung weit hinausgingen: Die Gründerpiraten haben einfach an Werte und Ideale, die im Europa der Aufklärung, des Humanismus und demokratisch organisierter Gesellschaften entwickelt wurden, wieder angeknüpft und sie in Erinnerung gerufen, weil sie Gefahr liefen, zugunsten kurzfristiger Vorteile für einige Wenige aufgegeben und abgeschafft zu werden.

Durch die allgemeine Unzufriedenheit mit ihrer Situation im politischen Umfeld haben viele Menschen, die nicht zur Gründergeneration der Piratenpartei gehörten, das Potenzial der Piratenpartei erkannt und sind mit an Bord gekommen, oft auch in der Hoffnung ihre ganz persönlichen Anliegen, die von der etablierten Politik vernachlässigt oder sogar offen bekämpft wurden, möglichst schnell um- und durchzusetzen.

Dadurch haben sich innerhalb der Piratenparteien vornehmlich die folgenden Fraktionen gebildet, die leider nicht immer optimal zusammengearbeitet haben: Netzpiraten, Hanfpiraten, BGE-Piraten und LGBT-Piraten. Das lag sicher auch am raschen Wachstum und sehr dominierenden Persönlichkeiten, die auf basisdemokratisch machen wollten, es aber oft nicht auf die Reihe brachten.

Die wilden Jahre gehypten Wachstums, transparent nach Außen getragener Streitereien zwischen Alphatierchen und spektakulärer Austritte, scheinen nun einigermaßen vorbei zu sein. Die Piratenpartei als politischer Arm einer piratisch orientierten Bewegung (viele Ex-Piraten sympathisieren immer noch mit den Grundwerten der Piraten) hat sich konsolidiert und ist nun auch in den Parlamenten angekommen: Europaparlament (Julia Reda), in Island, Deutschland, Tschechien um nur einige zu nennen. Ach ja, auch Graz hat seit 2012 einen Piraten als Gemeinderat und am 5. Februar 2017 wird vorzeitig gewählt, weil sich die regierende Koalition nicht einmal über ein provisorisches Budget einigen konnte.

Ich persönlich sehe in den Piraten die bessere Alternative zu einer politischen Erneuerung Europas im Vergleich zu einer neuen Linken (Syriza, Podemos, MoVimento 5 Stelle), weil den derzeit in den Parlamenten vertretenen Parteien einfach die Fähigkeit zu einer notwendigen Erneuerung und Wiederbesinnung auf ihre große Vergangenheit fehlt, in der sie durchaus zu Fortschritt und Entwicklung beitragen konnten. Aber heute haben sie diese Kraft in Erstarrung, Stillstand und wechselseitiger Blockade verloren, weil sie im 20. Jahrhundert hängen geblieben sind.

 

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