Wollen wir basisdemokratisch oder basisbürokratisch sein?
aus der Blog-Serie: Einfach zum Nachdenken, oder: Was sich ein Bundesvorstand so denkt, wenn er gerade nichts anderes zu tun hat.
Ich werde hier an dieser Stelle unter dem Motto „Was denkt sich ein Bundesvorstand …“ in regelmäßiger Kolumne laut vordenken, was mir so durch den Kopf geht, wenn ich meine Verantwortung als gewähltes Organ ernst nehmen möchte. Nur um es vorweg gleich festzuhalten: Dies ist als Anregung gedacht, sich auch mit diesen Themen auseinanderzusetzen, eine eigene Meinung dazu zu bilden und ich freue mich natürlich über jede Rückmeldung. Sei sie positiv und bestärkend oder auch kontroversiell und konstruktiv kritisch. Wir sind ja eine basisdemokratische Partei (auch wenn es unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in „basisdemokratisch“ geben mag) und keine Offenbarungsreligion, wo ein Selbstermächtigter auf einen Berg kraxelt, in Folge von Überanstrengung und Sauerstoffmangel glaubt dem Yeti begegnet zu sein und alsdann mit in Stein gemeißelten Gesetzen wiederkehrt, die per Dekret de Mufti nicht kritisiert oder in Frage gestellt werden dürfen.
Und nun zum heutigen Thema: Mein persönlicher Eindruck ist, dass es bei uns so ein bisserl eine übertriebene Scheu gibt, von sich aus aktiv zu werden. Und wenn doch, dann wollen wir immer ein Meinungsbild oder per Liquid die Basis befragen. Warum eigentlich? Angst vor der eigenen Courage?
Ich finde, wir sollen ein Klima schaffen, in dem sich jeder traut von sich aus aktiv zu werden, etwas zu tun, etwas vorzuschlagen und ja, einfach machen. Nur so zum Beispiel. Und wir anderen sollen ermutigen, aufgreifen und mitziehen. Nicht gleich sagen, was nicht geht oder mögliche Probleme erfinden. Nach Konstruktionen suchen in denen das Vorgeschlagene ganz, ganz gefährlich danebengeht. Vertrauen und Offenheit für Neues.
Ich verstehe ja, dass wir aus Gründen der Transparenz alles dokumentiert haben wollen, dass weitreichende Entscheidungen natürlich einen Liquid oder einen Organbeschluss benötigen. Jedoch sind die damit verbundenen Aktivitäten, speziell für Neulinge mit Tatendrang, oft frustrierend weil langwierig und sie mit den Werkzeugen auch noch nicht so vertraut sind.
Also versetzen wir uns doch auch einmal in die Lage von am Mitmachen in der Piratenpartei interessierten Menschen. Seien es bereits Mitglieder oder auch Neulinge. Kann da nicht allzuleicht der Eindruck entstehen, die Bürokratie steht im Vordergrund wenn die einfachsten, alltäglichen Dinge ein Meinungsbild oder einen BV Beschluss erfordern, bevor man „einfach einmal machen“ kann?
Ich finde, wir sollten keine Angst vor Eigeninitiative haben. Wir haben genug basisdemokratische Instrumente und damit Möglichkeiten um Fehlentwicklungen zu korrigieren.
In diesem Sinne, habt Mut zum Tun und gehabt euch Wohl bis zum nächsten „Was sich ein Bundesvorstand so denkt …“
https://basis.piratenpartei.at/blog/2017/08/31/wollen-wir-basisdemokratisch-oder-basisbuerokratisch-sein/https://basis.piratenpartei.at/wp-content/uploads/2017/07/IMG_8229b-1.pnghttps://basis.piratenpartei.at/wp-content/uploads/2017/07/IMG_8229b-1-150x150.pngBeiträge von Piratenaus der Blog-Serie: Einfach zum Nachdenken, oder: Was sich ein Bundesvorstand so denkt, wenn er gerade nichts anderes zu tun hat. Ich werde hier an dieser Stelle unter dem Motto 'Was denkt sich ein Bundesvorstand ...' in regelmäßiger Kolumne laut vordenken, was mir so durch den Kopf geht, wenn ich meine...WinstonSmithGerald Kainzgerald.kainz@piratenpartei.atEditorppAT Basisblog
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Bin ich ganz bei dir, allerdings gibts aktuell im Jahr eine einstellige Zahl an Meinungsbildern. Das ist wirklich nicht viel. Also bürokratisch überladen sind wir meiner Meinung nach nicht. Es ist eher so, dass die Vorgänge etwas geordnet werden müssen, um transparent werden zu können. Das mag als Bürokratie missverstanden werden, ist aber in gewissem Maße einfach notwendig. Man kann immerhin auch nicht von Organen erwarten, dass sie sich auf allen Kanälen und zu jederzeit aufnahmebereit zeigen und Wiki ergbt auch nur Sinn, wenn das dort transparent gemachte, dann auch wirklich passiert. Ich kenn mittlerweile auch Sitzungen anderer PPs und dagegen sind wir ein weltoffenes Paradies.
„Nach Konstruktionen suchen in denen das Vorgeschlagene ganz, ganz gefährlich danebengeht.“
Da ist möglicherweise etwas gefährlich danebengegangen! 🙂
Tut mir leid, das habe ich missverständlich formuliert.
Mit dem Satz „Nach Konstruktionen suchen in denen das Vorgeschlagene ganz, ganz gefährlich danebengeht“ ist nicht die Lösung für „gleich sagen, was nicht geht oder mögliche Probleme erfinden“ gemeint. Sondern da wollte ich noch eines draufsetzen und verstärken, dass diejenigen, die überall nur Probleme und Schwierigkeiten sehen auch dazu neigen sich und anderen Situationen auszumalen, in denen das von anderen Vorgeschlagene, mit Sicherheit danebengeht.
Danke, jetzt hab ich’s verstanden.
Wobei ich solche konstruierten worst case Szenarien nicht immer als negativ empfinde. Manchmal sind sie einfach das Gegenteil einer zu optimistischen Sicht, also das andere Ende der Fahnenstange und durchaus wert, in Überlegungen einbezogen zu werden.
Gibt es ein dezitiertes Tool, in das man einfache Ideen, Vorschläge etc. hineinschreiben kann, wo der Vorrstand reinschaut (und idealerweise Feedback gibt) und bei dem keine weitere „Bürokratie“ ausgelöst wird?
Diese Frage scheint sehr einfach, ist aber nicht einfach zu beantworten.
Bevor ich deine Frage beantworte würde ich gerne wissen, was du dir erwartest wenn es so ein Tool gäbe?
Machen wir also dieses Gedankenexperiment: Wir nehmen an, es gibt dieses Tool und der Vorstand der Piratenpartei schaut sich alle Ideen und Vorschläge an, findet sie einfach toll, zielgerichtet, konstruktiv und meldet das auch zurück. Was soll dann passieren?
Ich sehe das analog einem innerbetrieblichen Vorschlagswesen.
Wenn der Vorschlag als gut und Nutzen stiftend erachtet wird, sollte die Umsetzung geprüft werden. Erscheint die Umsetzung machbar, wird – abhängig von der Thematik – zu einem geeigneten Zeitpunkt umgesetzt oder die Basisdemokratie angeworfen.
Super Antwort, Danke. Ich bin da voll auf deiner Linie.
Ich möchte nur meine Position etwas erläutern – vor allem für diejenigen, die diese Unterhaltung mitlesen und die vielleicht einen anderen Background, andere Erfahrungen oder andere Vorstellungen haben.
Gute Vorschläge, die von Organen umgesetzt werden können sollen auch ohne größeres Drumherum in Eigenverantwortung dieser Organe umgesetzt werden. Ich finde, die Organe müssen hier auch ein bisserl mutiger werden und nicht immer bei der Basis nachfragen wollen, ob sie das überhaupt „dürfen“. Es ist da ja einiges in Statuten und Beschlüssen geregelt.
Bei allen anderen Vorschlägen kommen wir als ihrem Selbstverständnis basisdemokratische Partei nicht Drumherum, die – wie du es nennst – Basisdemokratie anzuwerfen. Aber auch da kann man es effizienter oder auch patscherter angehen. Mein favorisierter Weg des Anwerfens der Basisdemokratie ist, wenn sich am Thema Interessierte in einer Arbeitsgruppe zusammenfinden (nenne es wie du willst: AG, Crew, Team …). Und diese Arbeitsgruppe erarbeitet ein Ergebnis, das abstimmbar ist. Ob Liquid, BGV, LGV ist nebensächlich – aber nur so können eine Idee, ein Konzept oder ein Vorschlag manifestiert und verbindlich zur Umsetzung werden.
Und damit kann ich deine anfängliche Frage „Gibt es ein dezidiertes Tool,…“ auch beantworten. Nein, wir haben da kein spezielles nur darauf zugeschnittenes Tool. Was du machen kannst, sind Direktmitteilungen an die Organe in Form eines emails (setzt leider ein gewisses Insiderwissen voraus). Wer dieses Insiderwissen nicht hat schreibt am Besten an den Bundesvorstand bv@piratenpartei.at
Wir beantworten das dann und helfen natürlich gerne weiter zB bei der Gründung von Arbeitsgruppen etc
Ich finde es wertvoll, wenn jeder Pirat die gesammelten Vorschläge (plus die Reaktionen bzw. Ergebnisse) auch sehen kann. Dadurch ist erkennbar, dass die Piraten „leben“ und dass sich etwas bewegt => Motivation. Ausserdem können Mehrfachnennungen vermindert werden und es kann auf bereits bestehende Vorschläge aufgesetzt werden.
Vage Ideen zur Umsetzung:
– Liquid dafür verwenden
– Kostenlose Software bzw. open source (da gibt es einiges, ich habe es mir aber nicht im Detail angeschaut)
– eine eigene Mailbox, auf die alle Mitglieder Zugriff haben (z.B. idee@piratenpartei.at)
– ein simples Excel