Bildnachweis:  © Thomas Wolf, www.foto-tw.de (CC BY-SA 3.0 DE)

Bei einem Spaziergang in der Wiener Innenstadt könnte man davon überrascht sein, dass das Parlament, das Bundeskanzleramt und einige Kirchen mit rotem Licht angestrahlt werden. Der Grund ist nicht etwa, dass die KPÖ nach Graz auch in Wien die Macht übernommen hätte, sondern ein von den Kirchen ausgerufener „Red Wednesday“.

Zwischen dem 17. und 21. November (das ist ein langer Mittwoch) soll mit der blutroten Beleuchtung auf die „weltweite“ Unterdrückung von Christen aufmerksam gemacht werden – obwohl ganze Kontinente nach gewaltsamer Eroberung christliche Mehrheiten haben und die Regierungen selten wirklich säkular, viel öfter aber christlich geprägt sind. Hinter der Aktion steht „Kirche in Not“, ein Verein, der zur größten Glaubensgemeinschaft der Welt gehört. Diese hat es wieder geschafft, Symbole des demokratischen Österreichs für ihre einseitige Propaganda zu vereinnahmen.

Es gibt auf der Erde zahlreiche Gebiete, in denen Demokratie, öffentliche Sicherheit und Religionsfreiheit nicht gewährleistet sind. In solchen Staaten werden alle Angehörigen aller religiöser Minderheiten unterdrückt, an der Ausübung ihrer Religion gehindert, im schlimmsten Fall ermordet. Ob schiitische Moslems in sunnitischen Gebieten oder umgekehrt; Moslems durch Hindus in Indien und Hindus in Pakistan; JüdInnen in einer großen Anzahl von Staaten. Der letzte Völkermord in Europa an Moslems in Bosnien (durch Christen) ist noch keine 30 Jahre her. Und auch Christen sind in manchen Ländern einer Verfolgung ausgesetzt. Dass die Abkehr von der Religion in vielen Fällen mit dem Tod oder zumindest Ausgrenzung auch von der engsten Familie bestraft wird, dass AtheistInnen in manchen US-Bundesstaaten keine öffentlichen Ämter bekleiden dürfen, dass die „Herabwürdigung religiöser Lehren“ noch im Strafgesetzbuch steht, dass Konfessionslose mit ihren Steuergeldern religiöse Zwecke mitfinanzieren müssen, sind weitere Aspekte der religiösen Verfolgung und Unterdrückung.

Es ist nicht sinnvoll, Leid gegeneinander aufzurechnen, aber man sollte die Augen auch nicht davor verschließen, dass die religöse Verfolgung Angehörige aller Weltanschauungen trifft, und weniger eine Folge der konkreten Religion der Opfer, sondern des Verhaltens der Regierenden und der Mehrheitsbevölkerung ist. Sie wird am häufigsten im Namen einer anderen Religion begangen. Die beste Art, religiöse Verfolgung zu reduzieren, ist die Einführung und Unterstützung demokratischer und säkularer Regierungsformen — etwas, wobei sich die Christen historisch nicht gerade ausgezeichnet haben und auch heute nicht an vorderster Front dafür kämpfen.

Warum lassen sich also die Gesetzgebung und die Regierung Österreichs für die einseitige Propaganda der Christenverfolgung einspannen? Die UNO hat einen Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung, und zwar den 22. August. Gebäude des säkularen Österreich sollten eher an diesem Tag beleuchtet werden! Angemessen wäre auch eine andere Farbe, z. B. Weiß, die Vereinigung aller Lichtfarben. Dies würde symbolisieren, dass alle Religionen und Weltanschauungen Opfer und Täter zugleich sein können. Statt einseitiger christlicher Opferkult-Propaganda wäre das das selbstbewusste Signal eines demokratischen, säkularen Landes in Europa, das sich von der Bevorzugung einzelner Religionen verabschiedet hat und für das Recht aller Menschen, ihren Glauben oder Nichtglauben frei zu leben, eintritt.

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